Wann besteht Anspruch auf Ehegattenunterhalt nach der Scheidung?
- Rechtsanwaltskanzlei Mag. Jürgen Pföstl

- 14. Sept. 2023
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 21. Okt.

Viele vermeinen, dass nach einer Scheidung jedenfalls ein Ehegatte vom besserverdienenden Ehegatten Unterhalt bekommt. Das ist ein Irrglaube. Tatsächlich ist Ehegattenunterhalt in Österreich deutlich komplexer geregelt – und wird oft mit dem Kindesunterhalt verwechseln. In diesem Beitrag erfahren Sie, wann Sie Anspruch auf Unterhalt vom Ex-Partner haben, wie hoch dieser sein kann, was bei der einvernehmlichen Scheidung zu beachten ist und welche Rolle das Verschuldensprinzip spielt.
Ehegattenunterhalt ist nicht gleich Kindesunterhalt
Zunächst eine wichtige Unterscheidung:
Kindesunterhalt: Wird unabhängig von einer Scheidung geschuldet – Eltern sind grundsätzlich verpflichtet, für ihre Kinder zu sorgen.
Ehegattenunterhalt (nachehelicher Unterhalt): Kommt nur unter bestimmten Voraussetzungen in Frage und ist rechtlich wesentlich komplizierter.
Während Kindesunterhalt meist unumgänglich ist, hängt der nacheheliche Unterhalt vom Einzelfall ab – insbesondere von Einkommen, Lebensverhältnissen während der Ehe und vom Verschulden an der Scheidung.
Einvernehmliche Scheidung und Unterhaltsvereinbarung
Bei einer einvernehmlichen Scheidung müssen sich die Ehepartner nicht nur darüber einigen, dass sie die Ehe beenden wollen – auch die wesentlichen Scheidungsfolgen müssen geklärt werden:
Aufteilung des ehelichen Vermögens
Obsorge, Kontaktrecht und Kindesunterhalt bei gemeinsamen Kindern
Vereinbarungen über nachehelichen Ehegattenunterhalt
Wer bekommt Unterhalt, wie lange und in welcher Höhe? Hier spielt die gelebte familiäre Rollenverteilung eine große Rolle: War ein Ehepartner etwa jahrelang zu Hause, um die Kinder zu betreuen, oder hat einer der Partner während der Ehe wenig oder gar nicht gearbeitet, kann das Einfluss auf den Unterhaltsanspruch haben.
Auch moralisches Fehlverhalten – wie Ehebruch – kann mitverhandelt werden, selbst wenn es sich um eine einvernehmliche Scheidung handelt.
Unterhalt während der Ehe
Schon während der aufrechten Ehe kann es zu einem Unterhaltsanspruch kommen – auch wenn die Partner nicht mehr zusammenleben. Wer etwa den Haushalt führt oder sich um die Kinder kümmert und deshalb kein oder nur geringes Einkommen hat, kann vom besserverdienenden Ehepartner Unterhalt verlangen.
Wichtig: Zieht ein Ehepartner während aufrechter Ehe einfach aus und beginnt eine neue Beziehung, erlischt der Unterhaltsanspruch nicht automatisch. So lange keine Scheidung erfolgt ist, besteht eine gesetzliche Verpflichtung zur finanziellen Unterstützung – es sei denn, der unterhaltsberechtigte Ehepartner hat selbst schwerwiegende Eheverfehlungen begangen.
Nachehelicher Unterhalt: Wer hat Anspruch?
Der Anspruch auf Unterhalt nach der Scheidung ist in Österreich eng mit dem Verschuldensprinzip verknüpft. Das bedeutet: Nur wer nicht oder weniger schuld am Scheitern der Ehe ist, hat möglicherweise Anspruch auf angemessenen Unterhalt.
Kommt es zu einem strittigen Scheidungsverfahren, entscheidet das Gericht, wer am Ehe-Aus die Hauptschuld trägt. Hat z. B. der Ehemann die Familie verlassen und sich einer neuen Beziehung zugewandt, während die Ehefrau über Jahre den Haushalt geführt und auf Karriere verzichtet hat, kann ihr ein dauerhafter Unterhaltsanspruch zustehen.
Die Höhe des nachehelichen Unterhalts richtet sich unter anderem nach dem Nettoeinkommen des zahlenden Ex-Partners. Als Richtwert gilt:
Bis zu 33 % des Nettoeinkommens, wenn der Unterhaltsempfänger kein eigenes Einkommen hat
40 % des gemeinsamen Einkommens, abzüglich des Eigenverdienstes des Unterhaltsberechtigten, wenn beide arbeiten
Ein zu leistender Kindesunterhalt reduziert den Ehegattenunterhalt jedoch.
Verjährung bei nachehelichem Unterhalt?
In Österreich verjährt der Anspruch auf laufenden nachehelichen Unterhalt grundsätzlich nach drei Jahren, gerechnet ab Fälligkeit der jeweiligen monatlichen Zahlung (gemäß § 1480 ABGB). Nicht selten bleibt dabei unbeachtet, dass ein Anspruch auf nachehelichen Unterhalt rückwirkend nur dann geltend gemacht werden kann, wenn der unterhaltspflichtige Ex-Ehegatte zuvor rechtzeitig in Verzug gesetzt wurde – etwa durch ein außergerichtliches Schreiben mit der Aufforderung, Einkommensunterlagen zur Ermittlung des Unterhalts vorzulegen. Unterbleibt eine solche Aufforderung durch den unterhaltsberechtigten Ex-Partner, können rückständige Unterhaltsansprüche verloren gehen. In diesem Fall bleibt lediglich die Möglichkeit, Unterhalt für die Zukunft zu verlangen.
Was gilt, wenn beide Ehepartner „schuld“ sind?
Wenn das Gericht feststellt, dass beide Seiten gleich viel zur Scheidung beigetragen haben, besteht grundsätzlich kein Anspruch auf vollen nachehelichen Unterhalt. In solchen Fällen kann unter Umständen ein sogenannter Billigkeitsunterhalt zugesprochen werden.
Dieser ist jedoch:
meist betragsmäßig gering
zeitlich begrenzt
und dient primär der Überbrückung nach der Trennung
Fazit: Unterhaltsrecht ist komplex – und individuell
Ob, wie lange und in welcher Höhe Unterhalt vom Ex-Partner zu zahlen ist, hängt von vielen Faktoren ab: Schuldfrage, Einkommen, Erwerbsfähigkeit, Betreuungspflichten, eheliche Rollenverteilung u. v. m. Wer Klarheit will, sollte sich frühzeitig rechtlich beraten lassen – vor allem vor oder während eines Scheidungsverfahrens.
Wenn Sie zu diesem praxisrelevanten Thema nähere Informationen wünschen oder rechtliche Unterstützung benötigen, steht Ihnen Rechtsanwalt Mag. Pföstl als Scheidungsanwalt im Rahmen eines kostenlosen Erstgesprächs gerne zur Verfügung.



